Ingenieurbüro für Unternehmens-Software


LonWorks®-Netzwerke

Immer, wenn in der Fachpresse ein Artikel über LON erscheint (z.B. in der c`t 5/2004 und Elektronik 5/2004) werde ich gefragt: "Ich kenne Computer-Netzwerke, Ethernet, LAN,... - aber was, bitteschön, sind LonWorks-Netzwerke?"

Kurz gesagt: es ist eine neue Form der Steuerungstechnik, die sich der Methoden der verteilten, dezentralen Intelligenz bedient. Je komplexer ein System wird, desto schwieriger ist es mit einer zentralen Steuerung zu realisieren. Zu hoch sind die Anforderungen an Kapazität und Performance des Zentralrechners (bzw. SPS), zu hoch der Verkabelungsaufwand zu Sensoren/Aktoren, zu hoch das Ausfallsrisiko, zu hoch der Programmieraufwand. Was in der Computertechnik schon seit Jahren üblich ist, nämlich die Verteilung von Aufgaben auf vernetzte Rechner, wird seit den 90er Jahren zunehmend auch in der Steuerungstechnik angewendet. Aufgaben werden auf einzelne, intelligente Netzwerk-Knoten verteilt und diese kommunizieren miteinander über ein Netzwerk. Im einfachsten Fall ist das ein Bus, es kommen aber auch komplexe Netzwerkarchitekturen zum Einsatz. Verschiedene Übertragungsmedien werden kombiniert und Netzwerke mit Tausenden von Knoten sind nicht mehr außergewöhnlich. LonWorks ist die fortschrittlichste und am meisten verbreitete Art solcher Netzwerke. In Italien werden beispielsweise zur Zeit 27 Millionen Haushalte zum Zwecke der Energieerfassung mit dieser Technologie vernetzt.

Eine zentrale Steuerung fragt permanent alle Eingänge ab, führt dann eine programmierte Operation aus und schickt Daten an die Ausgänge. Bei LonWorks ist das anders: auf eine zentrale Steuerung kann verzichtet werden und die Netzwerk-Knoten (Sensoren) senden ihre Daten nach ihren eigenen programmierten Regeln aus. Bei der Konfiguration des Netzwerkes wird festgelegt, welche Knoten (Controller, Aktoren) die empfangenen Daten verarbeiten sollen. Und die Aktoren tun dies dann - parallel. Damit dies reibungslos auch unter Last funktioniert, wurde ein eigenes Datenkommunikations-Protokoll - das LonTalk-Protokoll - entwickelt.

Und sie sind überall um uns herum: in der Gebäudeautomation ("das intelligente Gebäude"), in der Energieversorgung, in der Straßenbahn, im Flugzeug, in der Industrieautomation ohnehin, es scheint keine Anwendung zu geben, die nicht mit LonWorks-Netzwerken realisiert werden kann. Und zwar besser, preisgünstiger, zuverlässiger, zukunftssicherer als mit herkömmlicher Technik.

Und erstmalig wird auch die durchgängige Datenübertragung sinnvoll möglich: so werden heute Daten aus diesen lokalen Netzen heraus über Rechnernetzwerke und das Internet versendet. Computersysteme, Datennetze, Steuerungstechnik und die verschiedenen Gewerke wachsen zusammen und können ihre Daten ohne aufwändige Konvertierung miteinander austauschen.

Diese ganze Technologie wurde Ende der achtziger Jahre von der Echelon Corporation entwickelt, damals schon mit dem Ziel, eine Plattform für offene Systeme zu schaffen. Und weil es sich um ein umfassendes Konzept handelt, wurde sprachlich aus dem ursprünglichen "LON" (Local Operating Network) die LonWorks-Technologie und die technische Realisierung in den verschiedensten Anwendungen sind eben die LonWorks-Netzwerke.

Und weil ich früher einmal bei Echelon tätig war, rede ich gerne darüber. Weil es mich nach wie vor fasziniert. Eine Vielzahl von Präsentationen und Publikationen habe ich zwischen 1994 und 1999 erstellt, einige davon möchte ich auf der nächsten Seite vorstellen.

 

Weiter 

 

Eine unterhaltsame Vorstellung von den Anwendungen, die durch die Verschmelzung von Computer- und Steuerungstechnik möglich werden, gibt uns Philip Kerr in seinem Roman "Game Over". Inspiriert von technisch aufgeschlossenen Architekten wie Norman Foster (der den Reichstag-Umbau durchführte und LonWorks-Technik einsetzt), malt Kerr unter Missachtung einiger technischer Details ein Horror-Szenario, nach dessen Lektüre man das "Intelligente Gebäude" etwas kritischer nach Sicherheitsaspekten hinterfragt. Verteilte anstatt zentraler Systeme bringen mehr Sicherheit und machen ein solches Szenario (abgesehen von der softwaretechnischen Fiktion) unwahrscheinlicher.
Philip Kerr, "Game Over", Rowohlt Verlag 1996. Originalausgabe: Philip Kerr, "Gridiron", Chatto & Windus, London, 1995



 

Startseite
Kontakt